Aktueller Mitgliederrundbrief

 

 

 

IFK- Mitgliederrundbrief 12/2022

 

 

 

 
 

Gruppenfoto von der Studienfahrt aus Alt Rehse. Foto Reinhard Bienek ©

Liebe Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde des Vereins,

der 12. Rundbrief berichtet von einem Jahr, das glücklicherweise nicht mehr ganz von Corona beherrscht war. Zwar wurden die Veranstaltungen im Frühjahr noch vorsichtshalber online durchgeführt, aber im späteren Verlauf gab es dann nur noch Präsenzveranstaltungen.

Von folgenden Veranstaltungen mit Beteiligung des IFK möchte ich berichten:

  • Die zehnte Lesung „Ravensbrück liest Ravensbrück“ am 27. Januar 2022 musste noch einmal als Zoomveranstaltung durchgeführt werden. Damit vergrößerte sich aber der Kreis der Aktiven. So konnten sich nicht nur die SchülerInnen, u.a. aus dem evangelischen Gymnasium Neubrandenburg, beteiligen sondern auch viele Interessierte aus dem Ausland. „Ich bin allein in der Nacht“ – Der Zellenbau des KZ Ravensbrück im Spiegel von Selbstzeugnissen (1939-1945) war das Thema der diesjährigen Textaus- wahl.
  • Die Feierlichkeiten zum Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzentrationslagers Ravensbrück fanden wieder in Präsenzveranstaltungen statt.
  • Mitgliederversammlung

Zur Mitgliederversammlung trafen wir uns am 6. August in der Gedenkstätte, da von dort nach einem gemeinsamen Imbiss einige TeilnehmerInnen der MV zur Studienreise aufbrachen. Mit dem Protokoll haben wir die Mitglieder über den Ablauf der Versammlung informiert.

  • Studienreise des IFK auf. (siehe Foto am Anfang)

Mitglieder und FreundInnen des Internationalen Freundeskreises unternahmen eine Studienfahrt ins südliche Mecklenburg-Vorpommern. Auf dem von Dr. Constanze Jaiser (Zeitlupe/RAA Mecklenburg- Vorpommern e.V.) vorbereiteten Programm stand das Aufsuchen von Orten der Erinnerung, die in Zu- sammenhang mit Ravensbrück stehen.

  1. Das Luftfahrttechnische Museum Rechlin steht weithin für ein Stück deutscher Luftfahrtgeschichte, gleichzeitig aber – weithin unbekannt – auch für ein Stück Geschichte der Zwangsarbeit. In Rechlin be- trieben die Nationalsozialisten die zentrale Erprobungsstelle der Luftwaffe mit rund viertausend Beschäftigten. In den letzten Kriegsjahren beorderten sie hierher und in das benachbarte Retzow eine große Anzahl Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur des Flugplatzgeländes.

 

  1. Im Nachbarort Retzow, wo sich das KZ-Außenlager Retzow befand, waren ab 1943 bis zu zweitausend Männer, anschließend ab Juli 1944 bis zu dreitausend Frauen des Konzentrationslagers Ravensbrück Heute erinnert eine hochragende Stele mit den eingravierten Namen der Lagerhäftlinge an die hierher verschleppten Menschen. Um die Stele herum sind Sitzbänke und Informationstafeln angeordnet. Die Erforschung des KZ-Außenlagers Retzow und seine Gestaltung als Gedenkort sind jahrzehntelangen beharrlichen örtlichen und regionalen Initiativen zu verdanken.

 

  1. Versteckt im Wald zwischen Groß Nemerow und Neubrandenburg liegt das sogenannte ‚Waldbaulager‘. Dabei handelt es sich um ein halb unteririsches Industriegelände mit Werkhallen und kompletter Infra- struktur, das 1943/44 unter schwerster Zwangsarbeit von rund zweitausend weiblichen Häftlingen des Konzentrationslagers Ravensbrück in einem Waldgelände errichtet wurde, um die Rüstungsproduktion der Mechanische Werkstätten Neubrandenburg unbemerkt von alliierter Aufklärung zu gewährleisten. Mit rund 7000 weiblichen KZ-Häftlingen war das KZ-Außenlager Neubrandenburg das größte Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück.

Ab den 90er Jahren sind es verschiedene regionale Akteure, die das Gelände und seine Geschichte in die öffentliche Erinnerung zurückholen. Seit einigen Jahren betreut der RAA Mecklenburg-Vorpommern e.V. die Arbeit vor Ort und etabliert neue Formen des Gedenkens, wie z.B. Imke Rusts markante Kunst- Installationen ‚Frauensilhouetten‘ (2020) und ‚Namenstropfen‘ (2021).

  1. Nur wenige Kilometer über den Tollensesee ist es zu dem Dorf Alt-Rehse. Seine rund 800jährige Ge- schichte haben die Nationalsozialisten auf das ‚Jahr 0‘ gesetzt. Auf dem Grund eingeebneter Dorfhäuser entstand eine Art NS-Musterdorf, bestehend aus reetgedeckten Fachwerkhäusern im niederdeutschen Stil, über jedem Hauseingang im Türsturz in Frakturschrift eingeschnitzt die Jahreszahl seiner Errich- tung, gerechnet ab 1933, sowie den Namen eines NS-Gaus.

Alt-Rehse wird ab 1935 zum Sitz der „Führerschule der Deutschen Ärzteschaft“, einem geistigen Zent- rum der Euthanasie. Führende NS-Ideologen und NS-Mediziner unterrichteten geschätzte zehn- bis zwölftausend Ärzte, Apotheker und Hebammen in Rassentheorie und Rassenhygiene und lieferten damit die Begründung, dass Menschen, die nicht den Maßstäben der ‚Volksgesundheit‘ entsprachen, unter Mitwirkung von medizinischem Personal ihrer Würde und Freiheit beraubt wurden und vielfach der staat- lichen Tötungsmaschinerie zum Opfer fielen.

Heute stehen das Gelände und die aufwändig restaurierten Gebäude der ‚Führerschule‘ unter Denkmal- schutz und gehören zu einem Wellnesshotel.

Eine erfolgreiche Exkursion dank der Vorbereitung durch Peter Plieninger und zahlreicher Mitglieder des IFK sowie dank unserer Tourguides, Frau Dr. Jaiser, Frau Gamlin (Retzow) und Herr Dr. Schwanzar (Alt-Rehse).

Bericht von Wolfgang Walter.

  • Vom 29. August bis 2. September fand die Europäische Sommeruniversität Ravensbrück unter dem etwas sperrigen Titel „Gedenkstätten als Orte multidirektionaler Erinnerung“ – Positionen- Potentiale-Perspektiven statt. Einige unserer Mitglieder nahmen an den Veranstaltungen aktiv und passiv teil. In einer beeindruckenden Online-Lesung wurde auch die Geschichte von Emmie Arbel aus der Comic-Novel „Aber ich lebe“ von der Autorin Barbara Yelin vorgetragen (erschienen 2022 im C.H. Beck Verlag, siehe Anzeige am Ende des Briefes). Johanna Kootz war wieder Mitglied der Vorbereitungsgruppe der Sommeruniversität, Julia Gerberich war in der Gruppe der „critical friends“ aktiv.
  • Im Laufe des Wochenseminars „Siemens@Ravensbrück“ wurde das Modell des Siemensgeländes Ende September installiert. Es war von Schülern der Siemens Werkberufsschule während des letzten Jahres hergestellt.

Foto: P. Plieninger

Die meisten der über 30 Gebäude wurden mittels 3D-Druck konstruiert. Das von einem Glasdach ge- schützte Modell wurde auf dem Fundament des ehemaligen Kistenlagers der Siemensfabrik aufgestellt und verankert. Außerdem arbeiteten die Werkberufsschüler an einem Besucher-Leitsystem und entwi- ckelten Tafeln mit einem schematischen Plan des Geländes. Die Einweihung des Modells, fand unter Beteiligung von viel Prominenz der Siemensleitung aus Berlin und München statt. Siemens will sein En- gagement erhöhen und hat den Leiter des Siemens Historical Institutes, Herrn Dr. Florian Kiuntke, als Koordinator der Siemens-Aktivitäten in Ravensbrück benannt.

Peter Plieninger referierte später zum Arbeitsgerichtsverfahren Hilde Sitte gegen Siemens & Halske aus dem Jahre 1949 und zu den späteren erfolglosen Versuchen von ehemaligen Häftlingen, Erstattung für ihre unbezahlte Zwangsarbeit bei Siemens zu erlangen.

  • Die diesjährige Benefiz Veranstaltung musste aus organisatorischen Gründen auf das Frühjahr 2023 verschoben werden. Ursprünglich sollte im Dezember in der Spanischen Botschaft die Vorstellung der Übersetzung des Buches „Der Wert der Erinnerung“, erschienen 2022 im Metropol Verlag, stattfinden. Es handelt sich um die Aufzeichnungen von Mercedes Núñez Targa, einer spanischen Widerstandskämpferin, die in Ravensbrück inhaftiert war. Es konnte nach langem Hin und Her aber kein Termin gefunden werden. Daher sind wir an das Spanische Kulturinstitut Cervantes herangetreten. Schnell konnten wir uns auf den 23. März 2023 19:30 einigen. Der Sohn der Autorin, Pablo Iglesias, wurde eingeladen und hat bereits zugesagt. Der Veranstaltungsraum im Kulturinstitut im Zentrum Berlins (Rosenstraße 18, Nähe Hackescher Markt) ist sehr passend. Ich glaube, dass es trotz der Terminverschiebung eine schöne und interessante Veranstaltung, werden wird.

 

Ich wünsche Ihnen und Euch eine schöne Weihnachtszeit und ein gesundes Neues Jahr 2023

 
   

Peter Plieninger

PS: Im Anschluss möchte ich auf zwei Neuerscheinungen hinweisen, die in diesem Brief bereits erwähnt wurden:

 

Impressum:

Internationaler Freundeskreis e.V. für die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück

c/o Stiftung Brandenburgische Gedenkstät- ten/

Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück Straße der Nationen D-16798 Fürsten- berg/Havel

Vorsitzender: Dr. Peter Plieninger E-mail: plienin- ger.ifk@ravensbrueck.de

priv.: kootz_plieninger@t- online.de

Tel.:    030 211 99 43

Fax:    030 219 68 473

Mittelbrandenburgische Sparkasse Potsdam

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